Es gibt viele Wege sich zu bereichern, einer der besten ist die Sparsamkeit

Von Rolf Schmid, 5. Oktober 2016

2012. Regierungsrat Brogli und die grosse bürgerliche Mehrheit im Parlament versprechen den Aargauerinnen und Aargauern das Blaue vom Himmel. Der Aargau, ein gut situierter Kanton mit starken Finanzrücklagen, vermöge eine Steuergesetzrevision zu Gunsten der Mittelklassen ohne grössere Schäden zu verkraften. Schon damals ist für die SP Aargau klar: Die Höchstbesteuerung bei den Vermögenssteuern zu mildern, Tarifsenkungen in hohen Einkommensklassen vorzunehmen und grosse Unternehmungen mit zusätzlichen Erleichterungen zu beschenken, das alles lässt sich nicht ohne schmerzhafte Abstriche bei den nötigen Ausgaben und Investitionen finanzieren.

2016. Nur vier Jahre später ist die Ernüchterung gross. Das befürchtete Debakel ist eingetroffen. Mit immer absurderen Massnahmen will das abbauwütige Parlament und seine Regierung substantielle Leistungen in der Bildung, bei Sicherheit, Kultur oder Umwelt zusammenstreichen und dabei ist kein Ende in Sicht. Eine ehrliche Einschätzung der Situation und ein aufrichtiges Fehlereingeständnis, vermisse ich bis heute. Die Stimmbevölkerung wird gelinde gesagt für dumm verkauft und mit irrwitzigen Ausreden irgendwie bei Laune gehalten. Nötigenfalls lenkt man(n) oder frau gekonnt vom Thema ab.

Die staatlichen Ausgaben werden seit Jahren mustergültig tief gehalten, so tief dass sich der Aargau in dieser Disziplin sogar Schweizermeister schimpfen darf. Doch seit die steuermindernden Gesetze nach der letzten Revision langsam aber sicher in Kraft treten, fehlt es Jahr für Jahr an Einnahmen. Dies zu einem Zeitpunkt, in welchem gerade im Aargau die Wirtschaft langsam aber stetig wächst. Das Paradox in dieser Frage liegt also nicht primär bei der aktuellen Wirtschaftslage, dem starken Franken oder sonst irgendwelchen Fremdeinflüssen sondern in erster Linie an unserer Steuergesetzgebung. Sie privilegiert Wohlhabende und grosse Unternehmen in bislang unbekanntem Masse und soll damit weitere Steuerzahler ins Rüebliland locken. Fehlanzeige: Keine namhaften Zuzüge steuerkräftiger Unternehmen oder Privatpersonen, welche die fehlenden Einnahmen generieren. Die grossen Fische blieben aus, zurück bleibt ein Loch. Ein tiefes Loch. Ein Beispiel anhand zweier alleinstehender Personen. Marlis hat ein steuerbares Einkommen von 60‘000 Franken. Seit 2002 hat sich ihre Steuerbelastung um 272 Franken oder 0.46% gesenkt. Schön. Zur selben Zeit hat sich die Belastung für Roland, steuerbares Einkommen 200‘000 Franken und zudem ein Vermögen von einer Million, um 3312 Franken oder 1.2% verringert. Besonders die Senkung der Vermögenssteuern sind stossend. Zwischen 2002 und 2014 hat Roland auf seinen Wertschriften unversteuerte Kursgewinne von ca. 40% und auf seinem Wohneigentum ca. 60% erzielt.

Mit den aktuellen Abbaumassnahmen überbrückt die bürgerliche Mehrheit also nicht nur einen kurzfristigen Engpass in der Staatskasse, sondern kürzt dauerhaft die Leistungen des Kantons derart zusammen, dass auch in den kommenden Jahren eine einseitige Steuerpolitik vor dem Volk vertretbar ist. Fehlen dann doch noch ein paar Franken Einnahmen schlägt man(n) oder frau halt doch noch eine Steuererhöhung auf Kosten der Allgemeinheit vor. So funktioniert Umverteilung!

Nun denn, ich bin es müssig mir darüber den Kopf zu zerbrechen wer oder wie jetzt genau an dieser Situation die Schuld trägt, letztlich sieht die Realität im Hinblick auf den Finanzhaushalt nunmal nicht gerade rosig aus. Es warten harte Jahre. Unangenehme Jahre für uns alle, aber insbesondere die Kinder, die Pflegebedürftigen, die Kulturschaffenden, die Asylsuchenden und nicht zu letzt für unsere Umwelt. Nehmen wir diesen Zustand aber nicht kampflos hin, denn ich bin überzeugt wir sind in der Mehrheit.

Wer Berufsbildungszentren in allen Regionen will, wer Hochwasserschutzmassnahmen entlang der Flüsse befürwortet und wer es richtig findet, dass Asylsuchende baldmöglichst in Deutschkursen unsere Sprache lernen können, der wählt die SP. Und zwar nicht nur, weil wir uns sozial und solidarisch zeigen, sondern weil wir ehrlich sind. Weil wir unseren Wählerinnen und Wählern nicht erzählen, dass Abbaumassnahmen in der Bildung halt einfach dazu gehören und dass die Kulturorganisationen und die Umweltschützer nun einfach mit etwas weniger Geld auskommen müssen, während sich andere dank schmeichelnder Steuergesetze aus ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft stehlen.

Steuergerechtigkeit und nachhaltige Finanzpolitik gibt es nur mit uns!

 

Rolf Schmid, Wil, Grossratskandidat und Präsident SP Bezirk Laufenburg