Unnötiger Steuerwettbewerb führt zu Leistungsabbau
Von Rolf Schmid, 20. Februar 2021
Wir hinterfragen die geplante Gewinnsteuersenkung für grosse Unternehmungen im Aargau und kritisieren die Haltung einiger Fricktaler Gemeindepräsident*innen dazu.
Drastische Einschnitte für die Finanzhaushalte der Gemeinden
Mitten in einer wirtschaftlichen Notsituation plant der Regierungsrat eine Senkung der Gewinnsteuern für Unternehmen. Hintergrund dieses Vorhabens ist die Befürchtung, dass der Aargau mit seinen vergleichsweise hohen Steuersätzen für Firmen künftig nicht mehr attraktiv ist. Die Entscheidungsträger halten es für verkraftbar, dass der Kanton dafür künftig auf jährlich 90 Mio. Franken Einnahmen verzichtet. Mit dieser Senkung kürzt der Kanton jedoch auch den Finanzhaushalt der Gemeinden um 42 Millionen. Betroffen von den Massnahmen sind lediglich Firmen mit einem Gewinn von über 250‘000 Franken und somit nur etwa 5% aller Unternehmen überhaupt.
Steuern sind nur ein kleiner Teil der Standortattraktivität
Zwar trifft es die Gemeinden unterschiedlich stark, aber auch das Fricktal wird massiv vom Vorhaben betroffen sein. Für die SP Bezirk Laufenburg ist es darum befremdlich, dass sich ausgerechnet die Präsident*innen dieser Gemeinden grundsätzlich für die Senkung aussprechen. Wie in der ganzen Debatte um die Unternehmenssteuern wird ein Bild der Alternativlosigkeit gezeichnet. Dabei vergessen die Befragten, dass sich die Kantone freiwillig einem unnötigen Wettbewerb aussetzen. Die Schweiz zählt schon heute zu den Staaten mit den tiefsten Steuern weltweit. Die Kantone werden in den internationalen Rankings sogar einzeln aufgeführt und belegen die vordersten Plätze. Unser Land, seine Kantone und die Gemeinden sind aber nicht nur wegen rekordtiefer Besteuerung so attraktiv, sondern vor allem der Rechtssicherheit, der guten Ausbildung und der hohen Arbeitsmoral wegen. Auch unsere vielfältige Kultur und die intakte Umwelt leisten ihren Teil zu dieser Attraktivität.
Auf Steuersenkungen folgen wie immer Abbaumassnahmen
Hier liegt den auch die Befürchtung der SP. Einmal mehr verzichtet die öffentliche Hand freiwillig auf Einnahmen, insbesondere auf Steuern von erfolgreichen Unternehmen wie beispielsweise die Pharma- und Chemieindustrie im Fricktal. Dabei wurden im Aargau mit der Umsetzung der Steuervorlage 17 eben erst grosszügige Instrumente geschaffen, um Forschung und Entwicklung zu fördern oder Einnahmen aus Patenten steuerlich massvoll zu entlasten. Damals argumentierte selbst die Regierung gegen eine „teure“ Gewinnsteuersenkung. In bester Erinnerung an die Auswirkungen der letzten Steuerreformen im Kanton, wird der Senkung der Unternehmenssteuern leider auch dieses Mal wieder ein Abbaupaket folgen. Beim Kanton und den Gemeinden werden die staatlichen Leistungen in Bereichen wie Bildung, Kultur, Umwelt und Gesundheit drastisch reduziert werden müssen.
Anstehende Herausforderungen brauchen finanzielle Ressourcen
Die SP Bezirk Laufenburg setzt sich darum auch regional mit Vehemenz dafür ein, dem Staat und seinem Service Public, dem gerade in der aktuellen Situation eine enorme Bedeutung zukommt, den Rücken zu stärken. Wir erwarten von den Präsident*innen der Fricktaler Gemeinden denn auch, dass sie deutlich benennen, welche Auswirkungen diese Vorlage auf die Leistungen und Angebote ihrer Gemeinden haben. Es wäre an der Zeit voranzugehen und die Aargauer Regierung für ihre mutlose Teilnahme am schädlichen Steuerwettbewerb zu rügen. Gerade für die Zeiten nach der Corona-Pandemie braucht es auf allen Ebenen Mittel, um den Gesundheits- und Pflegebereich nachhaltig zu stärken oder etwa um die Schäden im Kulturbereich und Sozialwesen aufzufangen. Die Bildungslandschaft und die Umwelt stehen angesichts der Digitalisierung und der Klimakrise vor grossen Herausforderungen, zu deren Bewältigung ebenfalls ausreichend finanzielle Ressourcen benötigt. Das Ansinnen bringt für die Bevölkerung im ganzen Kanton, aber vor allem auch in den Fricktaler Gemeinden nur Nachteile mit sich. So hat etwa auch keine der profitierenden Firmen vorgängig angedroht, dass sie in Erwägung zieht wegen zu hoher Steuern den Sitz in einen anderen Kanton oder gar ins Ausland zu verlegen. Es besteht also mitnichten Handlungsbedarf. Diese Tatsachen sollten die Fricktaler Gemeindepräsident*innen ganz im Sinne ihrer Wähler*innen in ihr Urteil miteinbeziehen und frühzeitig kommunizieren, welchen Handlungsspielraum die Gemeinden dadurch verlieren. Ganz nach dem Motto: Gestalten und agieren, statt lamentieren und reagieren.