Halbstundentakt S1 nach Laufenburg: Nur ein Ausbau mit der Bahn ist ein Ausbau.

Von Rolf Schmid, 13. August 2022

In seinem Anhörungsbericht zum Ausbau des Bahnangebots auf der Teilstrecke der S1 zwischen Laufenburg und Stein-Säckingen gelangt der Regierungsrat zum Schluss, dass sich ein Halbstundentakt mittels Bahn nicht lohne. Im Bericht werden verschiedene Szenarien aufgezeigt und daraus Varianten mit mehr oder weniger hohen Investitionen vorgestellt. Die SP Bezirk Laufenburg stellt fest, dass sich die Regierung und das zuständige Departement bewusst sind, dass der Grosse Rat einen Halbstundentakt bereits mehrfach bestätigt hat. Ausserdem haben sich alle Fricktaler Gemeindeammänner in einem Schreiben an den Regierungsrat gewendet und das Anliegen unterstützt. Ein historischer Moment. Umso mehr, wundert sich die SP über die zögerliche Herangehensweise bei der Umsetzung. Auch in der Verkehrsplanung gilt grundsätzlich, dass erst das Angebot die Nachfrage schafft. Konkret steigen erst dann mehr Menschen auf die öffentlichen Verkehrsmittel um, wenn das Angebot eine attraktive Alternative zum Auto darstellt. Aus verschiedenen Gründen ist dies im vorliegenden Fall die Bahn und nicht die Busverbindungen. Als Beispiele seien Verspätungen wegen Verkehrsüberlastung oder die Möglichkeit zu arbeiten genannt. Trotzdem argumentiert der Bericht mit den unverhältnismässigen Kosten und der geringen prognostizierten Nachfrage und empfiehlt einen Ausbau des Busangebotes.

Mehr Mut und Gestaltungswille sind gefragt

Der Regierungsrat treibt mit den Standortgemeinden, den Planungsverbänden und der Wirtschaft die grossflächige Entwicklung des Sisslerfelds als Industrie- und Arbeitszone kräftig voran. Dabei wurden verschiedene Verkehrskonzepte und Prognosen erstellt. Aus Sicht der SP liegt der Hauptfokus dabei zu oft auf dem motorisierten Individualverkehr. Es heisst, die Menschen kämen auch künftig hauptsächlich mit dem Auto zur Arbeit. Diese Prognose ist wenig verwunderlich, wenn die Beteiligten nicht alles daran setzen, dass die Anfahrt mit dem öffentlichen Verkehr oder mit dem Fahrrad praktischer und kostengünstiger ist. Dazu gehört auch die Planung eines zusätzlichen Bahnhofs auf dem Sisslerfeld. Ferne müssen sich die Verantwortlichen frühzeitig damit befassen wie das Areal Sisslerfeld überhaupt vom motorisierten Individualverkehr befahren werden dürfen soll. Für die SP Bezirk Laufenburg ist eindeutig: Um dem wachsenden Mobilitätsbedürfnis von Mensch und Wirtschaft gerecht zu werden, die bestehende Infrastruktur und vor allem die Umwelt nicht zusätzlich mit Lärm und Emissionen zu belasten, darf der Kanton keine Kosten und Mühen scheuen. Der Klimaschutz wird in den Diskussionen um Kosten-Nutzen leider immer noch verhängnisvoll ausgeblendet. Wörter wie Kosten oder Finanzen kommen im Bericht denn auch über 150-mal vor, Klima und Umwelt gerade einmal 12-mal.

«Variante 4» mit einem Shuttle-Zug ist die Präferenz

Während zwei mögliche Varianten aufgrund der hohen Investitionen von 300 bis 400 Mio. Franken verworfen werden, schlägt die Regierung mit «Variante 4» doch noch einen Kompromiss vor. Darin möchte sie für rund 61 Mio. Franken den Halbstundentakt über einen Shuttle-Zug von Laufenburg nach Stein-Säckingen realisieren. Dabei erfolgt der Ausbau jeweils in die Fahrtrichtung mit dem höheren Fahrgastaufkommen, also morgens nach Basel und abends nach Laufenburg, was aus Sicht der SP durchaus Sinn ergibt. Im Vergleich mit allen Varianten steht für die SP Bezirk Laufenburg fest, dass die Variante 4 der Umsetzung des Halbstundentakts und damit einer Attraktivitätssteigerung, wohl aber auch dem Kosten-Nutzen-Verhältnis am meisten dient. In der Anhörung spricht sie sich darum deutlich dafür aus.

Weiterer Ausbau des öV-Angebots, auch grenzübergreifend – Investitionen braucht es jetzt

Mit dem Halbstundentakt auf der Linie Laufenburg – Stein ist die verkehrsplanerische Arbeit längstens nicht erledigt. Wie die Regierung als Gegenargument zu Variante 4 schreibt, ist die Anbindung der neuen Mittelschule in Stein, aber auch des Sisslerfelds weiterhin nicht ausreichend und bedarf weiterer Ausbauschritte mittels zusätzlicher Busverbindungen. Diese sind kurzfristig realisierbar und könnten vorübergehend bis zum Ausbau der S1 auch den Halbstundentakt nach Laufenburg garantieren. Unabhängig der laufenden Anhörung stellt die SP fest, dass insbesondere der grenzüberschreitende Bahn-, Bus- und Fahrradverkehr und die ländlichen Gebiete in der längerfristigen Planung nur eine sehr spärliche Rolle spielen. Hier ist die Anbindung aktuell ungenügend oder inexistent. Investitionen in umweltschonende Verkehrswege dulden keinen weiteren Aufschub. Darum darf sich der Kanton und die Gemeinden auch nicht auf die Beiträge aus dem Bahninfrastruktur-Fonds verlassen und die Finanzierung selbst in die Hände nehmen. Die Projektbeiträge treffen viel zu spät ein. Damit in 20 oder 30 Jahren tatsächlich eine Mehrheit der Menschen ohne Auto zur Arbeit fahren muss, bedarf es heute Nägel mit Köpfen.